Die öffentliche Trauer um Josia hatte kaum geendet, als der Pharao – auf seinem Rückzug nach Ägypten – vor Jerusalem Stellung bezog und seine Oberherrschaft sicherte, indem er einen hohen Tribut forderte und den Thronfolger bestimmte. Joahas, der jüngere Sohn Josias, der die Krone infolge des Todes seines Vaters erhalten hatte, wurde vom Pharao abgesetzt und durch Eljakim ersetzt. Dieser hatte sich in den Augen des Königs von Ägypten wohl durch genau jene Qualitäten ausgezeichnet, die seinen Vater Josia veranlasst hatten, ihn zu enterben. Der Pharao änderte seinen Namen in Jojakim und setzte ihn als König und Vasallen von Ägypten ein (vgl. 2. Kön 23, 33–35; 2. Chron 36 3. 4).
Im dritten Jahr nach diesen Ereignissen begab sich Nebukadnezar, der königliche Fürst von BabylonFussnote als Oberbefehlshaber der Armeen seines Vaters auf eine Aufklärungsmission nach Juda. Dort forderte er die Unterwerfung des Königs von Juda. Nach einer Belagerung, über die wir in den Geschichtsbüchern keine Details finden, nahm er die Stadt ein. Den König führte er als einen Kriegsgefangenen ab. Doch Jojakim erlangte später wieder seine Freiheit und sogar seinen Thron zurück, indem er Babylon seine Loyalität zusicherte. Nebukadnezar zog sich daraufhin zurück, ohne grössere Beute zu machen. Er nahm nur einen Teil der heiligen Gefässe des Tempels, die er in das Haus seines Gottes brachte, und einige Jugendliche von königlichem Blut mit sich, unter denen sich auch Daniel befand. Diese sollten als Vasallenfürsten seinen Hof zieren (2. Kön 24, 1; 2. Chron 36, 6. 7; Dan 1, 1. 2). Drei Jahre später lehnte sich Jojakim gegen Babylon auf, aber es dauerte fünf Jahre, bis Babylons Armeen zurückkehrten, um Juda endgültig zu erobern, wenn auch das Land in diesen fünf Jahren oft von «Scharen der Chaldäer» überrant wurdeFussnote.
Jojakin, ein 18 Jahre alter Jugendlicher, der gerade die Thronfolge angetreten hatte, ergab sich sofort mitsamt seiner Familie und seinem Gefolge (2. Kön 24, 12), womit das Schicksal Jerusalems einmal mehr in den Händen Nebukadnezars lag. Hatte sich dieser bei seiner ersten Invasion noch grossherzig und nachsichtig gezeigt, verhielt es sich nun anders, denn nun musste er nicht nur seine Herrschaft sichern, sondern eine Rebellion bestrafen. Dementsprechend durchstöberte er die ganze Stadt nach allem, was wertvoll war, und er nahm mit sich «ganz Jerusalem (…) nichts blieb übrig als nur das geringe Volk des Landes» (2. Kön 24, 14). Als König beziehungsweise Verwalter der geplünderten und entvölkerten Stadt wurde Jojakins Onkel Zedekia zurückgelassen, der beim Namen des Herrn Loyalität gegenüber seinem Oberherrscher geschworen hatte. Das war die «Wegführung des Königs Jojakin» (Hes 1, 2), wie sie vom Propheten Hesekiel genannt wurde, der sich selbst unter den Weggeführten befunden hatte.
Die Unterwerfung unter Babylon war bereits in den Tagen Hiskias vorhergesagt worden (2. Kön 20, 17). Nach der Erfüllung der entsprechenden Prophezeiung Jesajas wurde Jeremia mit der Verkündigung der göttlichen Botschaft beauftragt, dass die Gefangenschaft nach 70 Jahren gewendet und das Volk ins Land zurückgeführt würde (Jer 29, 10). Doch während die Juden im Exil mit dieser Verheissung getröstet wurden, wurden der König Zedekia und sein Gefolge, das von Jerusalem im Land übrig geblieben war, gewarnt, dass ein Widerstand gegen das ihnen von Gott selbst auferlegte Joch Babylons weit schlimmere Konsequenzen über sie bringen würde, als sie bis dahin hatten tragen müssen. Nebukadnezar würde zurückkehren, um sie vollständig zu zerschlagen und ihr ganzes Land zu einer Wüste und zum Entsetzen zu machen (vgl. Jer 24, 8–10; Jer 25, 9; Jer 27, 3–8). Aber dann standen falsche Propheten auf, die den Nationalstolz anfachten und eine rasche Wiederherstellung von Judas Unabhängigkeit voraussagten (Jer 28, 1–4). Trotz den wiederholten ernsten Warnungen Jeremias liess sich der schwache und gottlose König Zedekia von diesen falschen Prophezeiungen verführen. Nachdem er eine bewaffnete Unterstützung durch Ägypten zugesichert erhalten hatte, rebellierte er offen gegen Babylon (vgl. Hes 17, 15).